Nach dem Change ist vor dem Change: Transformationen

Das Pro3Model als Ordnungsrahmen für Organisationen haben wir Ihnen schon vorgestellt. Im Kern geht es dabei darum, die Zusammenhänge zwischen Prozessen (Ablauforganisation), Strukturen (Aufbauorganisation) und Führung (Steuerung) über die Hierarchieebenen hinweg darstellen, verstehen und gestalten zu können.

Das Modell hilft, bei Veränderungen den Überblick zu behalten und schnell wieder eine leistungsfähige Grundordnung im Geschäftssystem herstellen zu können. Dies als Rückgriff und zur Einleitung.

Nun nehmen Veränderungen in der so genannten „VUCA-Welt“ kein Ende. Welle folgt auf Welle, hebt Unternehmen, senkt sie und kann sie zum Kentern bringen. Wenn falsch gesteuert wird, zum Beispiel. Change folgt auf Change.

Das Ganze nennt sich Transformation und ist eine Reise mit definierten Etappen, aber nicht erkennbarem langfristigem Ziel. Lean Transformation, Agile Transformation, Digitale Transformation, Green Transformation – eine Welle folgt der anderen, wie gesagt.

Der grundlegende Mechanismus von Transformationen lässt sich skizzieren wie im obigen Bild. Ein realer Ist-Zustand wird zu einem gedachten oder geplanten Soll-Zustand, dieser wird in einen neuen realen Ist-Zustand verändert und damit als solcher neu geordnet. Befristet allerdings, denn schon kommt die nächste Welle eines wiederum neu gedachten Soll-Zustands, der in eine neue Veränderung mündet, usw.

Im Übergang vom Ist zum Soll entsteht ein neues mentales Modell. Ein Zielbild, das interaktiv erarbeitet und im Pro3Model abgebildet wird. Weiteres Kennzeichen dieser Phase ist die begleitende Kommunikation, die auf den eigentlichen Change vorbereitet.

Im Klartext: Prozesse werden umgestaltet, das Führungssystem angepasst, Strukturen entsprechend verändert – sofern erforderlich. Aus Sicht eines gestalterischen Ansatzes kann man dies Business Process Management (BPM), Geschäftsprozessmanagement oder Business Process Design nennen. Die Begrifflichkeiten sind nicht in Stein gemeißelt und unterliegen ihrerseits einem Wandel.

Der skizzierte Ablauf von Transformationen ist nicht spekulativ, sondern empirisch und wissenschaftlich belegt. Erfahrungen aus 30 Beratungsjahren liefern die Empirie, Klassiker wie Kurt Lewin die Grundlagen. Dessen „Lewinsche Kurve“ ist in der Grafik schematisch zu erkennen.

Das Auftauen (unfreeze) beginnt mit dem Bezweifeln der alten Ordnung (Ist 1) und dem Entwurf des neuen Modells (Soll 1). Der eigentliche Change-Prozess bedeutet nichts anderes, als dass die gedachte Soll-Ordnung in die neue, reale Ordnung (Ist 2) verändert wird. Diese muss zumindest befristet stabilisiert (refreeze) und funktionsfähig gemacht werden, bevor der nächste Zyklus beginnt.

Die Theorie wandlungsfähiger Organisationen besagt zwar, dass Organisationen immer „aufgetaut“ bleiben müssten, ein „Refreeze“ im Sinne einer Erstarrung also zu vermeiden sei. In der Veränderungspraxis muss man dabei jedoch Vorsicht walten lassen. Wo keine Ordnung herrscht, gehen Sicherheit und Vertrauen zwangsläufig verloren. Deshalb plädieren wir dafür, die Organisation zumindest temporär zu stabilisieren, um das Zutrauen der Menschen nicht zu verlieren.

Die wichtigste Aufgabe von Change-Management ist es, diese Gefahren abzuwenden und den Wandel in der instabilen Phase des Übergangs erfolgreich zu gestalten. Die Zeitstrecke des eigentlichen Change ist besonders sensibel – alte Verbindungen und Sicherheiten lösen sich auf, die neuen sind noch nicht erkennbar. Verunsicherung macht sich breit. Wer hier nicht in der Lage ist, den Menschen im Unternehmen Orientierung und Vertrauen zu vermitteln, beschwört Verunsicherung und Chaos herauf. Genau deshalb ist die Schaffung und kommunikative Vermittlung einer (neuen) Ordnung so wichtig.

Das ist aber nicht das Ende der Geschichte, sondern wiederum ein Beginn. Neuer Veränderungsdruck aus dem Umfeld wird nicht lange auf sich warten lassen und wieder eine andere Ordnung erzwingen. Schließlich ist die Welt volatil (Volatility), unsicher (Uncertainty), komplex (Complexity) und mehrdeutig (Ambiguity). VUCA eben, siehe oben.

Natürlich ist das Ganze nicht ganz so simpel und mechanistisch wie hier dargestellt. „Im wirklichen Leben“ sind noch sehr viele inkrementelle Veränderungs- und Verbesserungsprozesse wie KVP oder CIP parallel zu betrachten. Aber für den Einstieg erschien uns das zu komplex, weshalb wir uns hier auf die groben Linien beschränkt haben.

Insgesamt bedeuten Veränderungsprozesse sehr komplexe soziale und physische Anpassungen im sozio-technischen System Unternehmen. Vor allem aber machen sie seitens der beteiligten Menschen mentale Anpassungen erforderlich. Heißt: Transformationen sind auch und vor allem Lernprozesse, gestützt und begleitet durch Kommunikation.

Auch dafür gibt es ein Konzept.

Stay tuned.

Von Gerhard Spengler

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