Herbstzeit ist Bücherzeit, für Leser, Autoren und Verleger gleichermaßen wichtig. Warum das so ist, weiß wohl niemand mehr so genau. Allein, es ist so. Früher, als ich noch neu war im Verlagsgeschäft, war die im Herbst stattfindende Frankfurter Buchmesse ein Highlight, die Stuttgarter Buchwochen lohnend, der Bücherabend mit Neuvorstellungen in der Lieblings-Buchhandlung ein absolutes Muss.
Die Dinge verlieren mit der Zeit ihren Glanz. Ein Allsatz, der für nichts mehr gilt als für die Buchmesse in Frankfurt. Einst weltweiter Treff der Literaturbranche, ist die immer noch gigantische Schau mittlerweile genau dazu geworden: zur reinen Schau. Schlagersänger, Ansagerinnen, Sportler und andere Halbprominente stellen ihre Biographien und Bücher vor, deren Existenzberechtigung sehr zu bezweifeln ist (die der Biographien, wohlgemerkt). Ist also auch der Bücherherbst, wie fast alles in diesem Lande, schlechter geworden?
Nicht unbedingt. Es gibt sie noch, die Orte und Feste für das Buch, für Lesungen, Treffpunkte und Gespräche. Einer dieser angenehmen Orte ist Badenweiler. Hier veranstaltet Rüdiger Safranski immer im Oktober die Literaturtage. Angenehm nicht nur deshalb, weil Literatur nicht ausschließlich an Maßstäben wie Diversität und Gendergerechtigkeit gemessen wird. Den Ausschlag gibt, anders als beim Deutschen Buchpreis, die literarische Qualität. Und die war auch dieses Jahr reichlich vertreten. Unter dem Motto „Familienbande“ lasen und diskutierten Autorinnen und Autoren wie Felicitas Hoppe, Bernhard Schlink, Jo Lendle und Martin Mosebach, um nur einige zu nennen.
Badenweiler selbst ist nicht nur landschaftlich schön, sondern auch in Sachen Literatur über jeden Zweifel erhaben. Hier lebten Anton Tschechow, Annette Kolb, René Schickele und andere. Hier starb Stephen Crane. Viele andere logierten dort, ruhten sich aus oder schrieben Texte, die heute noch lesenswert sind. Im Bücherherbst zum Beispiel.