Einzigartige Unternehmen. Das Konzept.

Die Befassung mit Familienunternehmen liegt derzeit im Trend. Der Blätterwald rauscht. In der Tat beneidet uns die Wirtschaftswelt um diesen Unternehmenstyp, ohne den der Standort Deutschland nicht geworden wäre, was er war. Und noch immer ist, vielleicht. Die Familienunternehmen deutschen Typs sind im Kern das, was Volker Volkholz* als „Einzigartige Unternehmen“ bezeichnet hat. Grund genug, diesen Gedanken aufzugreifen und das dahinterliegende Konzept zu erläutern.

„Die Einzigartigkeit eines Unternehmens ist definiert als die beständige Herausforderung, im akzeptierten Urteil des Kunden anders als jeder Wettbewerber und ähnlich den besten Unternehmen zu sein“ (Volkholz 2004, S. 10).

Der für mich wesentliche Teil dieser Definition ist der zweite: „Anders als jeder Wettbewerber“ bezieht sich auf die Differenzierung und letztlich auf die Individualität von Unternehmen. Die Persönlichkeit. Diese Persönlichkeit wird in neuerer Zeit meist mit dem Begriff der „DNA des Unternehmens“ gleichgesetzt. Auch wenn solche biologischen Metaphern problematisch sind, kann man doch festhalten, dass innerhalb von Familien gemeinsames Erbgut vorherrscht – Familienunternehmen haben also beste Anlagen, einzigartig zu sein. Gemeint sind Dinge wie geteilte Werte, konsistentes Verhalten, eine gemeinsame Kultur. Familienunternehmen haben diese Eigenschaften weder zwangsläufig noch exklusiv, aber eine klare Disposition zu deren Ausprägung.

Eine solche DNA mag eine notwendige Bedingung dafür sein, ein Hidden Champion zu werden – hinreichend ist sie nicht. Da hat auch die globale Konkurrenz ein Wörtchen mitzureden. Deshalb müssen Unternehmen nicht nur anders sein als die anderen, sondern eben „ähnlich den Besten“. Gemeint ist Exzellenz, strategisch und operativ. Nur wer hinsichtlich Effizienz und Performance auf Weltniveau agiert, hat die Chance, erfolgreich zu sein. Und eben einzigartig.

Damit ist auch der Zielkonflikt formuliert zwischen Effizienz und Individualität. Man muss mit den Wölfen heulen, ohne nur Teil des Rudels zu sein. Das ist der Widerspruch, der es vielen kleinen und mittleren Unternehmen erschwert, Programme zur Steigerung von Effizienz und Produktivität konsequent zu verfolgen. Man ist doch anders, warum soll man das Gleiche machen? Die Geschichte der Lean-Umsetzung im Mittelstand ist reich an Belegen dafür, dass man sich in den Betrieben gegen das Erforderliche sperrt, weil man meint, es passe nicht zum Unternehmen. Die Zahl der ähnlich klingenden Ausreden ist jedenfalls Legion.

Langfristigen wirtschaftlichen Erfolg haben nach meiner Beobachtung diejenigen Unternehmen, denen es gelingt, die Balance zu finden zwischen Individualität (anders sein) und Effizienz (ähnlich sein). Unternehmen wie TRUMPF sind nicht nur erfolgreich, weil sie als Familienunternehmen eine eigene Persönlichkeit besitzen. Sie sind auch erfolgreich, weil sie sich anspruchsvolle Programme zur Optimierung der Effizienz auferlegt haben. Im angesprochenen Fall ist das Produktions-, fast schon Betriebssystem SYNCHRO gemeint, das für die kontinuierliche Verbesserung von Prozessen und Produkten sorgt. Auf Weltniveau unverzichtbar.

Vergleichbares gilt für viele andere Unternehmen aus dem Mittelstand, ob sie nun Fischer, Kärcher, Stihl oder anders heißen. Sie alle sind nach Volkholzscher Definition einzigartig und gehören weltweit zu den Besten.

Genau aus diesem Grund wäre es schade, wenn das schöne Konzept der Einzigartigkeit von Unternehmen in Vergessenheit geriete. Ich habe hier einen ersten Versuch unternommen, das zu verhindern. To be continued.

* Dieser Text ist entstanden im Gedenken an den Industrieforscher Dr. Volker Volkholz, Gründer, Inhaber und Geschäftsführer der Gesellschaft für Arbeitsschutz und Humanisierungsforschung (GfAH) in Dortmund. Volker Volkholz ist am 16. November 2008 verstorben. Ich hatte die Ehre, ihn zu kennen, seine Gedanken zu hören und ein kleines Buch mit ihm machen zu dürfen.

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